Flüchtlinge in Pfäffikon in Corona-Zeiten: Mohammadreza S.*

Ein Paar ohne Kinder soll hier direkt zu Wort kommen und uns in ihren Alltag unter Coronabedingungen Einblick geben. Mohammadreza S.* aus dem Iran ist seit 2017 in der Schweiz. Sein Asylantrag ist noch hängig. Wegen seines Engagements als Menschenrechtsaktivist musste Mohammadreza S. mit seiner Frau aus dem Iran fliehen.

«Meine Frau und ich leben seit bald drei Jahren in der Schweiz. Wir kommen aus dem Iran, wo ich als Tierarzt arbeitete und meine Frau in einem Reisebüro. Wegen meiner Aktivitäten als Menschenrechtler wurde ich vom Regime verfolgt und musste mit ihr in die Schweiz flüchten. Hier leben wir heute in einer Wohngemeinschaft.

Es dauerte nicht lange, bis uns nach unserer Ankunft klar war, dass wir unbedingt Deutsch lernen mussten. Wir haben verschiedene Kurse absolviert, seit einem Jahr sind wir nun beim Solinetz in Winterthur. Das Coronavirus hat leider den Besuch der Kurse unterbrochen und auch sonst viel verändert in unserem Alltag. Ich glaube aber, dass wir uns mit dieser ausserge-wöhnlichen Situation gut abgefunden haben, obwohl uns oft die Freunde und Bekannten fehlen und uns die Quarantäne manchmal langweilt. Ich denke, man muss die Situation ernst nehmen, ohne Angst zu haben. Bevor die Krise die Schweiz heimsuchte, hatte sie bereits den Iran erreicht. Wir haben das beobachtet und wussten darum, dass Hamsterkäufe und Sorgen um die Verfügbarkeit von Desinfektionsmitteln keinen Sinn ergeben. Wir sorgen uns aber um unsere Eltern, weil sie zur Risikogruppe zählen.

Im Alltag beschäftigen wir uns derzeit vor allem mit dem Deutschunterricht, der dank der Bemühungen unserer Lehrkräfte online weitergeht. Und dann mit den sonst üblichen Dingen wie Kochen, Serien-Schauen und manchmal Spazieren. Und weil wir in einer Wohngemein-schaft wohnen und unsere Mitbewohner manchmal unvorsichtig sind, reinige ich die Gemein-schaftsräume jeweils extra. Wir hoffen von ganzem Herzen, dass diese Situation schnell vorübergeht.

Eine der grössten Konsequenzen des Virus für uns ist bisher, dass die Einladung zur Anhörung unserer Asylgründe annulliert wurde. Das macht für uns die Situation eher schwieriger. Wie gut wir Deutsch sprechen oder integriert sind, spielt leider keine Rolle, solange unsere Asylgründe nicht geprüft sind und wir keinen richtigen Aufenthalt erlangt haben. Trotz aller Schwierigkeiten verlieren wir unsere Geduld nicht und gehen hoffnungsvoll weiter. Wir hoffen von ganzem Herzen, dass diese Situation schnell vorübergeht und alle Menschen die Sonne wieder zusammen geniessen können und dass wir lernen, für Humanität und Solidarität nicht nur in der Krise einzutreten.»

Aufgezeichnet von Bernd Kopp

IFP-Vorstandsmitglied – Ressort Migration

*Der Name ist geändert. Dieses Interview wurde bereits vom Solinetz publiziert.

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